Perfect Blue

Der Wahnsinn des Starkults
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Mindfuck-Level: Fortgeschittener

Teenie-Stars haben es schwer. Sie werden von zahllosen Jugendlichen angehimmelt, müssen aber dafür rund um die Uhr ein Leben im Fokus der Medien führen und dabei ihr blitzsauberes Image bewahren. Der Übergang ins Erwachsenenleben wird dabei in einigen Fällen von einem radikalen Bruch mit der alten Star-Persönlichkeit begleitet, wie es zum Beispiel bei Britney Spears oder Miley Cyrus der Fall war. Diesen Übergang vom Teenie-Popstar zur erwachsenen Frau thematisiert auch Perfect Blue von Satoshi Kon. Allerdings siedelt er in diesem Milieu einen Mindfuck-Thriller um Stalking und die Frage nach Realität und Fiktion an – und das alles in einem animierten Film.

Imagewechsel

Die Sängerin Mima verlässt nach zweieinhalb Jahren die Girl Group CHAM, um eine Karriere als Schauspielerin zu starten. Etwa zeitgleich beginnt sie, anonyme Nachrichten zu erhalten, die sie schließlich auf die Website Mima’s Room führen. Hier wird akribisch Tagebuch über ihren Alltag geführt, wobei viele Details nur durch eine permanente Beschattung von Mima zu erfahren waren. Der Betreiber von Mima’s Room muss ein Stalker sein. Auch ihre Schauspielerkarriere läuft nur zäh an. Während CHAM ohne Mima erfolgreicher ist als je zuvor, hat die junge Schauspielerin nur eine Nebenrolle in einer Thrillerserie. Doch das soll sich ändern: Die Autoren schlagen eine Szene vor, in der die von Mimas gespielte Figur vergewaltigt wird. Anschließend soll sich der Umfang der Rolle dramatisch vergrößern. Gegen den Rat ihrer Beraterin Rumi stimmt Mima der Szene zu. Tatsächlich verhilft die Vergewaltigungs-Szene Mimas Serie zu größerer Popularität. Doch Mima selbst beginnt, psychisch unter ihrer Situation zu leiden und entwickelt Halluzinationen. Sie sieht immer wieder die Popstar-Version ihrer selbst, die ihr eine Rückkehr zu CHAM schmackhaft machen möchte. Und auch der Stalker, eine Sicherheitskraft, die auf den Konzerten von CHAM gearbeitet hat, ist von der Entwicklung nicht begeistert und möchte Mima wieder als unschuldige Sängerin sehen. Kurz darauf wird der Drehbuchautor von Mimas TV-Serie brutal ermordet.

Video Killed the Radio Star? – Das Ende von Perfect Blue

Die Auflösung von Perfect Blue

Um sich weiter von ihrem alten Leben als Popidol zu entfernen, lässt sich Mima auf ein Nackt-Fotoshooting ein. Das treibt den Stalker endgültig in den Wahnsinn: Er sieht ebenfalls Popstar-Mima vor sich, die ihm erklärt, dass die richtige Mima eine böse Doppelgängerin sei und beseitigt werden müsse. Als auch der Produzent der Serie ermordet wird, kann Mima längst nicht mehr zwischen Realität, Serienhandlung und Einbildung unterscheiden. Trotzdem dreht sie die Serie zu Ende, doch am Abend des Drehschlusses lauert Mimas Stalker ihr auf. Er behauptet, durch Mails von der echten Mima beauftragt zu sein und versucht, sie zu vergewaltigen. Mima kann sich schließlich verteidigen und erschlägt den Angreifer mit einem Hammer. Rumi verspricht, Mima nach Hause zu fahren, doch Mima kommt in einer Nachbildung ihrer Wohnung wieder zu sich. Rumi, früher selbst ein Popstar, hat eine Persönlichkeitsspaltung entwickelt und versucht, Mima zu töten. In der entstehenden Verfolgungsjagd rettet Mima schließlich die schwer verletzte Rumi davor, von einem Auto überfahren zu werden. Rumi wird in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, überzeugt davon, selbst der Popstar Mima zu sein.

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Ich bin ein Star, holt mich hier raus! – Der Mindfuck von Perfect Blue

Analyse

Im Gegensatz zu Paprika, einem späteren Film von Satoshi Kon, ist die Realität von Perfect Blue in sich geschlossen. Allerdings spielt der Film von Beginn an mit der Verwischung des Unterschieds zwischen Realität und medialem Erzeugnis. Immer wieder werden Szenen aus Mimas Thrillerserie so gezeigt, als wären sie real. Erst gegen Ende der Szene wird klar, dass gerade eine Aufzeichnung abgespielt oder eine neue Szene gedreht wird – meistens durch einen Perspektivwechsel oder durch Bildartefakte, die auf eine Videoaufzeichnung hindeuten. Je stärker Mima unter ihrem geheimnisvollen Verfolger und den Konsequenzen ihrer eigenen Entscheidungen leidet, desto häufiger kommen auch noch Halluzinationen hinzu, so dass Mima kaum noch weiß, was real ist und was nicht. Auch für den Zuschauer ist dies oft schwer zu entscheiden, auch wenn sich zum Schluss eine überwiegend eindeutige Version der Ereignisse ergibt.

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Fazit

Wer in erster Linie an amerikanische Animationsfilme gewöhnt ist, wird überrascht sein, denn Perfect Blue ist sicherlich nicht für Kinder geeignet. Für Erwachsene erzählt der Film eine packende Geschichte – verwirrend, spannend und teilweise auch höchst brutal. Durch das ständige Spiel mit Fiktion und Imagination kommt auch der Mindfuck nicht zu kurz. So ist Perfect Blue ein empfehlenswerter Film, auch wenn er manchmal seine Erzählung etwas zu künstlich so lenkt, dass man den finalen Plot Twist nur schwer erraten kann.

Weiterführende Links

Perfect Blue bei www.imdb.com
Perfect Blue bei www.rottentomatoes.com
Rezension bei Artechock

Filme wie Perfect Blue

Filme mit ähnlichem Mindfuck wie Perfect Blue

Die Feuerzangenbowle (Deutschland 1944, Helmut Weiss)
Hinter den Augen die Dämmerung (Deutschland 2021, Kevin Kopacka)
Una de Zombies (Spanien 2003, Miguel Ángel Lamata)

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Bildnachweis: Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von Rapid Eye Movies

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Bernd Leiendecker
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