Stereo

Aus dem Gleichgewicht
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[Anzahl der Stimmen: 12 Durchschnitt: 2.5]

Mindfuck-Level: Fortgeschrittener

Hartnäckig hält sich die Ansicht, dass das deutsche Kino keine guten Actionfilme produzieren kann. Oft fehlt es an Budget für die entsprechenden Spezialeffekte, an Akzeptanz beim Publikum oder an glaubwürdigen Darstellern. Kein deutscher Schauspieler kann sich wie Arnold Schwarzenegger oder Sylvester Stallone auf Actionrollen festlegen und dadurch eine Star-Persönlichkeit aufbauen. Dennoch versucht sich der deutsche Film von Zeit zu Zeit an Action-Streifen. Stereo von Maximilian Erlenwein ist ein Versuch aus der jüngeren Vergangenheit, der zeigt, dass so ein Unterfangen nicht zwangsläufig als totaler Fehlschlag enden muss.

Schatten der Vergangenheit

Im Leben von Erik (Jürgen Vogel) läuft es rund: Er betreibt eine Motorradwerkstatt in der Provinz, führt eine glückliche Beziehung mit Julia (Petra Schmidt-Schaller) und auch mit Julias kleiner Tochter Linda (Helena Schönfelder) kommt er gut aus. Doch das Idyll bekommt Risse, als Gaspar (Mark Zak) mit seiner Bande auftaucht. Er kennt Erik aus früheren Zeiten und möchte ihn in einen Plan hineinziehen, den Zuhälter Keitel (Georg Friedrich) zu töten.

Gleichzeitig beginnt Erik, sich von einer Gestalt im Kaupzenpullover verfolgt zu fühlen, die sich ihm schließlich als Henry (Moritz Bleibtreu) vorstellt. Bald wird Erik klar, dass Henry nur in seinem Kopf interessiert, doch die Behandlung bei einer Art Heilerin bricht er ab. Gaspar behauptet schließlich, Erik sei in Wirklichkeit die Unterweltgröße Zille und präsentiert ihm zwei tote Handlanger von Keitel. Erik/Zille soll sie umgebracht haben und müsse nun bei der Beseitigung von Keitel mithelfen, um Julia und ihre Familie zu schützen.

Quelle: EuroVideo Medien GmbH, DVD: Stereo
Quelle: EuroVideo Medien GmbH, DVD: Stereo

Das wahre Ich – Das Ende von Stereo

Die Auflösung von Stereo

Bei einer erneuten Behandlung bei der Heilerin erkennt diese, dass Henry die wirkliche Persönlichkeit und Erik nur die Wahnvorstellung ist. Sie belässt eine Akupunkturnadel in Eriks Nacken, welche die Henry-Persönlichkeit ruhigstellt. Sollte diese gezogen werden, würde Henry endgültig die Kontrolle gewinnen. Erik macht sich auf in Keitels Club, wo er als Ablenkungsmanöver für Gaspars Plan dienen soll. Er versteckt sich schließlich auf der Toilette, wo er von einem Schläger Keitels verprügelt wird. Dabei erfährt Erik, dass Keitel Julia und ihre Familie in seine Gewalt gebracht hat.

Er zieht die Akupunkturnadel heraus und überlässt der Henry-Persönlichkeit die Befreiung der Gefangenen. Doch auch seine Erinnerung kommt zurück: Henry war in Wirklichkeit Eriks unbescholtener Bruder, der zusammen mit seiner Familie von Keitel getötet wurde. Zuvor hatte Erik/Zille versucht, Keitel zu ermorden und war damit gescheitert. Im Club kommt es zum Showdown, bei dem Erik Keitel erschießt, dabei aber auch selbst schwer verletzt wird. Julia und ihre Familie können entkommen, doch Erik/Zille bleibt sterbend zurück. Er stellt sich vor, wie er mit Julia auf dem Motorrad fliehen kann, doch das geschieht nur in seiner Phantasie.

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Das fremde Ich – Der Mindfuck von Stereo

Analyse des Mindfuck von Stereo

Ohne verschiedene Vorgängerfilme wäre der Mindfuck von Stereo kaum denkbar, doch inzwischen hat man sich als Zuschauer ein wenig daran gewöhnt, dass zwei Schauspieler verschiedene Facetten der gleichen Persönlichkeit darstellen. So versucht Stereo auch gar nicht lange, daraus noch Überraschungen zu generieren. Vergleichsweise innovativ ist dagegen, dass die positiv besetzte Persönlichkeit der Eindringling ist – der ursprüngliche Zille hat mit Erik fast nichts gemeinsam.
Durch die Gefahr für Julia und ihre Familie scheint dann die Kontrollübernahme durch den alten Zille nötig und gerechtfertigt. Doch auch wenn er ein wenig geläutert zu sein scheint, kann es für ihn natürlich kein Happy End geben. Immerhin hat er den Unterwelt-Krieg mit Keitel damals selbst angezettelt.

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Fazit

Stereo hat einige vielversprechende Ansätze, angefangen mit dem Zusammenspiel der Hauptdarsteller Jürgen Vogel und Moritz Bleibtreu. Auch die Actionsequenzen gelingen – gerade für einen deutschen Film – ausgesprochen gut und verleihen dem Film Intensität und Härte. Der Mindfuck versucht, einem bekannten Erzählmuster neue Seiten abzugewinnen und ist dabei durchaus erfolgreich, wenn auch die Logik dahinter eher den weicheren Regeln des Actionfilms als den Ansprüchen an ein Charakterdrama genügt.
Was Stereo leider in vielen Situationen abgeht, ist ein Gespür für Rhythmus. Viele Szenen um Julia und Linda, aber auch die auflösende Rückblende um Henry sind zu lang geraten und bringen den Film dadurch aus dem Gleichgewicht. Schade eigentlich, denn damit verschenkt der Film das Potential, richtig gut zu sein.

Weiterführende Links

Stereo bei www.imdb.com
Stereo bei www.rottentomatoes.com
Kritik bei www.filmgazette.de

Filme wie Stereo

Filme mit ähnlichem Mindfuck wie Stereo

A beautiful Mind (USA 2001, Ron Howard)
Angel Heart (Großbritannien/Kanada/USA 1987, Alan Parker)
Black Swan (USA 2010, Darren Aronofsky)
Das geheime Fenster (USA 2004, David Koepp)
Das letzte Problem (Österreich 2019, Karl Markovics)
Dédales (Frankreich/Belgien 2003, René Manzor)
Der Fluch der 2 Schwestern (USA/Kanada/Deutschland 2009, The Guard Brothers)
Enemy (Kanada/Spanien/Frankreich 2013, Denis Villeneuve)
Fight Club (USA/Deutschland 1999, David Fincher)
Hide and Seek (USA/Deutschland 2005, John Polson)
High Tension (Frankreich/Italien/Rumänien 2003, Alexandre Aja)
Ich seh, ich seh (Österreich 2014, Severin Fiala, Veronica Franz)
Identität (USA 2003, James Mangold)
Revolver (Frankreich/Großbritannien 2005, Guy Ritchie)
The Machinist (Spanien/USA 2004, Brad Anderson)
The Ward (USA 2010, John Carpenter)

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Bildnachweis: Bilder mit freundlicher Genehmigung der EuroVideo Medien GmbH

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Bernd Leiendecker
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2 comments on “StereoAdd yours →

  1. Hi Bernd,
    hab Stereo gerade auf Netlix gesehen und bin recht positiv überrascht!
    Für einen deutschen Film ziemlich gut, mit einer schönen idylischen Bildsprache und bösen Bösewichten.
    Natürlich kennt man sowas schon aus USA, der Twist kommt kurz und überaschend, das Pacing finde ich leider auch nicht immer gelungen, aber insgesamt ein paar tolle Szenen wie das Opening, das kurze Motorradrennen am Schluss und der Club mit geiler Mucke und einem Hauch Irreversible/Matrix/Oldboy machen Stereo doch schon zu einem Kaufanwärter für mich 🙂

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