Mindfuck-Level: Profi
Ist die Zukunft vorherbestimmt? Sicherlich ist dies eine interessante philosophische Frage und gerade Zeitreisefilme nähern sich dieser Frage immer wieder an. Viele Filmkomödien von Klassikern wie Zurück in die Zukunft bis zu neueren Rohrkrepieren wie Hot Tub Time Maschine beantworten diese Frage mit „nein“. Hier verändern die Hauptfiguren die Realität zumindest teilweise durch ihre Handlungen – meist indem sie in die Vergangenheit reisen und dort ihre Gegenwart beeinflussen. Auf der anderen Seite positioniert sich Predestination, ein SciFi-Mindfuck von Michael und Peter Spierig. Hier ist alles vorherbestimmt und die Figuren sind Gefangene ihrer eigenen Vorsehung. Der Film basiert auf der Kurzgeschichte All You Zombies von Robert A. Heinlein.
Die Geschichte verändern?
Ein namenloser Zeitreisender (Ethan Hawke), der im Abspann von Predestination nur als „der Barkeeper“ bezeichnet wird, reist in die Vergangenheit um einen Sprengstoffattentäter, den Fizzle Bomber, aufzuhalten. Der Zeitreisende scheitert jedoch und erleidet schwere Verbrennungen im Gesicht. Nur durch das Eingreifen eines Unbekannten kann er sich mit seiner Zeitmaschine in seine Gegenwart retten. Er muss aufgrund seiner Verletzungen operiert werden und sieht durch die Operation völlig anders aus als vor seinem Einsatz. In seinem nächsten Einsatz tarnt er sich als Barkeeper und trifft dort auf John (Sarah Snook), der unter dem Pseudonym „Die unverheiratete Mutter“ Lebensbeichten für Zeitschriften schreibt. John erzählt dem Barkeeper seine Lebensgeschichte.
Bei seiner Geburt war John ein Mädchen, das auf der Türschwelle eines Waisenhauses abgesetzt wurde. Das Mädchen erhielt den Namen Jane und wuchs in dem Waisenhaus auf. Als Erwachsene hatte Jane ein großes Interesse für Raumfahrt, aber es viel ihr schwer, sich in der Gesellschaft zurechtzufinden. Sie sollte in ein Programm einer Raumfahrtbehörde aufgenommen werden und zu den ersten Frauen im Weltall gehören. Nach einer Prügelei flog sie aus dem Programm, obwohl sie die vielversprechendste Kandidatin war. Sie begann, als Haushaltshilfe zu arbeiten und lernte einen Mann kennen, mit dem sie eine Beziehung begann.
Eines Tages verschwand der Mann spurlos und ließ Jane schwanger zurück. Mr. Robertson (Noah Taylor), der Leiter des Weltraumprogramms,eröffnete Jane, dass er eigentlich eine geheime Organisation aufbaut, für die er Jane gewinnen wollte. Doch durch die Schwangerschaft konnte Jane nicht teilnehmen. Bei der Geburt ihrer Tochter kam es zu Komplikationen. Die Ärzte entdeckten, dass Jane auch männliche Geschlechtsmerkmale aufwies und operierten sie zum Mann um, damit sie überlebt. Jane nannte sich selbst fortan John und ihr Baby Jane. Das Baby verschwand jedoch nach kurzer Zeit aus dem Krankenhaus und John begann in seiner Verzweiflung für Zeitschriften zu schreiben.
Der Barkeeper gibt sich im Anschluss an Johns Geschichte als Zeitreisender zu erkennen und bietet John die Gelegenheit zur Rache an. Mr. Robertson leitet das Temporal Bureau, für das der Zeitreisende arbeitet, und möchte John als Agent verpflichten. Johns erster Auftrag ist, den Mann zu töten, der ihn damals als Jane verlassen hat. John hat ihn zudem im Verdacht, das Baby entführt zu haben. John akzeptiert das Angebot und reist mit dem Barkeeper in die Vergangenheit.
Die wahre Geschichte – Das Ende von Predestination
John möchte den Mann zu dem Zeitpunkt abfangen, an dem dieser zum ersten Mal in Johns/Janes Leben tritt.
Als er wartet, trifft er jedoch nur Jane und realisiert, dass er selbst dieser Mann ist. Er beginnt eine Beziehung mit Jane, also letztlich mit sich selbst. Der Barkeeper versucht ein weiteres Mal, den Fizzle Bomber aufzuhalten, doch er scheitert erneut und kann nur dafür sorgen, dass sein schwerverletztes früheres Ich sich noch in die Zukunft retten kann.
Anschließend reist er erneut durch die Zeit und entführt das Baby von Jane und John. Er legt das Kind in einem Waisenhaus in der Vergangenheit ab. Dann trifft er zu einem anderen Zeitpunkt John und überzeugt diesen, dass er nicht mir Jane zusammenbleiben kann. Während John für seinen ersten Auftrag ausgebildet wird, versucht der Barkeeper in einem letzten Zeitsprung doch noch den Fizzle Bomber aufzuhalten. Er konfrontiert ihn und erkennt eine gealterte Version seiner selbst. Der Sprengstoffattentäter erklärt, dass er durch seine Anschläge wesentlich schlimmere Taten verhindert und somit indirekt Menschen rettet. Der Barkeeper erschießt ihn trotzdem. Es stellt sich heraus, dass der Barkeeper eine gealterte Version von John ist.
Vorherbestimmung und Identitäten – Der Mindfuck von Predestination
Letztlich ist Jane/John also sein eigener Vater, seine eigene Mutter, der Barkeeper und der Fizzle Bomber. Er rettet sein eigenes Leben, führt sich selbst in die Zeitreise ein und erschießt sich. So gut wie alle Ereignisse des Films sind damit in eine ringförmige Zeitreiselogik integriert. Sie sind schon so geschehen, werden aber erst durch die Handlungen der Hauptfigur herbeigeführt, die wiederum selbst erst das Produkt der Handlungen ist. Das ist natürlich vollkommen paradox und eigentlich unmöglich. Die Komplexität der Ereigniskette, aber auch das Begreifen der ringförmigen Logik sorgt beim Zuschauer für beträchtlichen Mindfuck.
Fazit
Man merkt Predestination an, dass er auf einer Kurzgeschichte basiert. Die erste Filmhälfte besteht fast nur aus Rückblenden, die das Leben von John/Jane erzählen. Dabei wirkt der Film sehr textlastig und man fragt sich manchmal auch, wofür die Ausführlichkeit eigentlich nötig ist. Lediglich die Performance von Sarah Snook als Jane/John vermag es, hier das Interesse aufrecht zu erhalten. Die zweite Filmhälfte entschädigt für den eher schleppenden ersten Teil aber gewaltig. Im Fünf-Minuten-Takt wird das Publikum mit neuen Enthüllungen konfrontiert und hat dabei im positiven Sinne kaum Zeit, das Gesehene zu verarbeiten.
Ringförmige Zeitreiselogik kann durchaus zu Problemen führen, wie ich bereits in der Rezension zu 12 Monkeys beschrieben habe. Predestination präsentiert das Zeitreise-Paradox in der zweiten Filmhälfte jedoch mit einer Dynamik, die mitreißt und es leicht macht, die eigentlich unmögliche Logik zu akzeptieren.
Daher ist Predestination besonders aufgrund des Mindfuck in der zweiten Hälfte und der Leistung von Sarah Snook empfehlenswert.
Weiterführende Links
Predestination bei www.imdb.com
Predestination bei www.rottentomatoes.com
Rezension zu Predestination im Medienjournal-Blog
Filme wie Predestination
12 Monkeys (USA 1995, Terry Gilliam)
Coherence (USA/Großbritannien 2013, James Ward Byrkit)
Parallel (Kanada 2018, Isaac Ezban)
Parallelwelten (Spanien 2018, Oriol Paulo)
Primer (USA 2004, Shane Carruth)
Timecrimes (Spanien 2007, Nacho Vigalondo)
Triangle (Großbritannien/Australien 2009, Christopher Smith)
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Bildnachweis: Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von Tiberius Film
- Parallel - 8. Januar 2023
- Hinter den Augen die Dämmerung - 20. November 2022
- Phantasm – Das Böse - 2. Februar 2022
Zur Hälfte hatte ich die Ereignisse beim Gucken des Films durchschaut. Bin ich komisch? xD Die Geschichte ist schon ziemlich strange…
Nee, da kann man schon drauf kommen – zumindest teilweise. Und nach den ersten paar Enthüllungen ist der Rest ja dann auch nur folgerichtig. Ich erinnere mich, dass ich von der Enthüllung, wie das Baby ins Waisenhaus kam, ernsthaft überrascht war. Und das passiert mir inzwischen nicht mehr oft.
Mir sind zwei Sachen aufgefallen
(a) Warum hat der Fizzle-Bomber am Ende mehrere Zigtausend Zivilisten getötet? Normalerweise tötet er um schlimmere Sachen zu verhindern? Aber was soll das in diesem Fall sein?
(b) Wenn ich als John in der Zeit zurückreisen würde und auf mich selbst als Jane treffen würde und bereits wüsste, dass ich in der Vergangenheit vor meiner GeschlechtsOP als Jane mega mies verlassen wurde von jemanden, dessen Gesicht nun so aussieht wie ich als John aussehe — ich würde eben nicht mit mir selbst rummachen. Ich verstehe immer nicht, wieso die Leute in den Zeitreise-Filmen sich nie das Wissen zunutzemachen, welches sie aus der Vergangenheit mitgenommen haben? Wenn ich als John so traurig über mein Leben bin, dann ändere ich den Verlauf der Dinge und fange nix mit Jane an – so einfach ist das. Dann wird Jane nicht schwanger, kann vlt. doch in das komische Raumfahrtprogramm (was in dem Film keinen so richtigen Sinn macht) aufgenommen werden und meinem Ich „John“ in der Gegenwart geht es folglich dann auch besser.
Hallo Peter,
Du hast schon Recht: Wenn man bei diesen Zeitreise-Filmen zu lange darüber nachdenkt, fallen häufig Unstimmigkeiten auf. Bei mir ist es inzwischen fast fünf Jahre her, dass ich Predestination zum letzten Mal gesehen habe. Deshalb kann ich auf Deine Feststellungen gerade nicht im Detail antworten. Sieht so aus, als müsste ich bald mal wieder in den Film reinschauen.
hey peter, wegen (a) , John hat wohl ne richtig fette Psychose entwickelt wegen den ganzen Sprüngen vorher , guck dir an, wie er zum schluss aussieht, total durch und fertig
und (b) so wie du sagst , funktioniert nicht, weil wenn er nichts mit sich selber anfängt, kann er auch nie geboren werden, also wäre jane überhaupt nicht vorhanden genau so wenig wie er ^^ PEACE ! 🙂
Das dümmste an diesem film ist die tatsache , das zeitreisen noch gar nicht erfunden waren, wo alles beginnt. also konnte john/jane auch ergo nicht zurück in die zeit reisen um sich selbst zu schwängern und geboren zu werden, da die zukunft in der zeitreisen erfunden wurden , noch gar nicht geschehen ist. das ist der GRÖSSTE fehler in dem film -.- ^^