Mindfuck-Level: Profi
Das Bermuda Dreieck ist Gegenstand zahlreicher Mythen und Geschichten. An diese Mythen lehnt sich Triangle zumindest indirekt an, denn auch hier wird eine Geschichte um Schiffbruch und mysteriöse Vorkommnisse erzählt. Dabei ist Triangle durchaus ein Horrorfilm, kommt aber ohne plakative Schock- und Gewaltszenen aus. Der Horror des Films ist in erster Linie psychologischer Natur.
Wiederholter Schiffbruch
Die alleinerziehende Mutter Jess (Melissa George) unternimmt ohne ihren autistischen Sohn Tommy einen Segelausflug auf dem Schiff ihres Freundes Greg (Michael Dorman). Außerdem sind noch Downey, Sally, Heather und Victor (Liam Hemsworth) mit an Bord. Jess wirkt zu Beginn des Ausflugs verwirrt und desorientiert, besteht aber darauf, dass sie nur etwas Ruhe braucht.
Mit der Ruhe ist es jedoch vorbei, als das Schiff in einen Sturm gerät und kentert. Heather wird über Bord gespült und ist danach nicht mehr auffindbar. Die anderen Schiffbrüchigen retten sich auf das vorbeifahrende Kreuzfahrtschiff Aeolus. Die Aeolus scheint menschenleer zu sein, doch mysteriöse Geräusche und eine vorbeihuschende Gestalt lassen die Schiffbrüchigen befürchten, dass sie nicht allein sind. Victor verfolgt die Gestalt und auch die übrigen Freunde trennen sich. Kurz darauf taucht der blutüberströmte Victor auf und greift Jess an. Jess kann den Angriff abwehren und bemerkt, dass Victor schon vor ihrem Kampf tödlich verletzt wurde. Sie macht sich auf die Suche nach den anderen und findet sie im Theatersaal des Schiffs.
Dort wurde Greg von einem maskierten Angreifer erschossen und Downey beschuldigt Jess, die Täterin zu sein. In diesem Moment fallen wieder Schüsse und Downey und Sally gehen tödlich getroffen zu Boden. Jess flieht und wird schließlich von dem Angreifer in einen Kampf auf dem Außendeck verwickelt. Jess kann ihren Angreifer abwehren und wirft ihn schließlich über Bord. Doch zuvor beschwört sie der vermeintliche Angreifer mit eindeutig weiblicher Stimme – Jess müsse alle töten, damit sie das Schiff verlassen und ihren Sohn wiedersehen könne. In diesem Moment sieht Jess fünf höchst lebendige Schiffbrüchige das Schiff betreten: Greg, Downey, Sally, Victor und eine weitere Version ihrer selbst.
Die Schleife aufbrechen – Das Ende von Triangle
Jess folgt den Neuankömmlingen und begreift, dass sie sich in einer Zeitschleife befindet. Sie sieht mit an, wie den neuen Schiffbrüchigen erneut die gleichen Dinge geschehen wie zuvor. Einige der Geräusche, die Jess bei ihrer Ankunft gehört hat, werden nun von ihr selbst verursacht. Auch die Gestalt, die Victor verfolgt, ist Jess selbst. Sie versucht Victor von der Zeitschleife zu überzeugen, drückt ihn dabei aber unglücklich gegen einen hervorstehenden Haken und verletzt ihn dadurch schwer. Als Victor kurz darauf die unwissende Version von Jess attackiert, greift die wissende Jess ein und ändert den Ablauf der Ereignisse. Daraufhin versucht sie, auch Downey und Sally zu retten. Diese begegnen jedoch einer weiteren Version von Jess und werden von dieser getötet. Verschiedene Hinweise machen Jess klar, dass es sich keineswegs nur um den zweiten Ablauf der Dinge handelt.
Spätestens als sie die sterbende Sally inmitten einer ganzen Reihe von toten Sallys findet, wird ihr klar, dass sich die Ereignisse schon wesentlich häufiger wiederholt haben. Und tatsächlich kommen im Moment von Sallys Tod erneut lebendige Versionen der schiffbrüchigen Freunde auf das Schiff. Jess beginnt, selbst zu glauben, dass sie das Schiff nur verlassen kann, indem sie alle anderen tötet, und setzt dies auch in die Tat um. Dafür bewaffnet und maskiert sie sich und ist folglich selbst der Angreifer aus dem ersten Durchlauf. Entsprechend wird sie letztlich von einer früheren Jess-Version über Bord geworfen und erwacht schließlich an der Küste.
Sie geht nach Hause und sieht dort, wie eine weitere Jess-Version ihren Sohn anschreit und schlägt. Deshalb tötet die neu hinzugekommene Jess ihre alte Version und fährt mit Tommy davon. Als sie einen Vogel anfährt und ihn im Straßengraben entsorgen möchte, erkennt sie durch eine große Zahl von Vogelleichen, dass auch dies schon mehrmals geschehen sein muss. Sie fährt weiter und versucht gleichzeitig, Tommy zu beruhigen. Durch ihre Unaufmerksamkeit gerät sie in einen Unfall, bei dem Tommy stirbt. Jess lässt sich im Taxi zum Hafen fahren und möchte offensichtlich einen neuen Durchlauf der Ereignisse erleben, an dessen Ende sie womöglich ihren Sohn retten kann.
Das Unerklärliche erklären – Der Mindfuck von Triangle
Schon die Zusammenfassung der Handlung macht klar, dass es nicht ganz leicht ist, den Zusammenhängen von Triangle zu folgen.
Die Zeitschleifenstruktur liefert besten Mindfuck und fordert das Publikum fast dauerhaft. Einerseits muss das bereits Gesehene ständig noch einmal neu bewertet werden, da in jedem Durchlauf der Zeitschleife auf dem Schiff neue Informationen geliefert werden. Andererseits bleibt auch am Schluss die Frage offen, wie genau das Geschehen zu interpretieren ist beziehungsweise wie Jess in ihre Lage gekommen ist. Dabei liefert Triangle durchaus Interpretationsansätze:
- Der Name des Schiffes ist Aeolus, benannt nach dem griechischen Gott der Winde und dem Vater von Sisyphus. Sisyphus wurde von den Göttern als Strafe für ein Vergehen gezwungen, immer wieder einen Felsblock einen Berg hinauf zu rollen, der aber jedes Mal direkt wieder herunterrollte. Die Ausweglosigkeit von Sisyphus‘ Situation ist ein Spiegelbild von Jess‘ vergeblichen Bemühungen, ihren Sohn zu retten. Auch sie könnte dafür bestraft werden, dass sie ihren Sohn schlecht behandelt hat und womöglich sogar seinen Tod durch ihre Unaufmerksamkeit verschuldet hat.
- Am Ende des Films lässt sich Jess nach dem Unfall von einem schwarzgekleideten Taxifahrer zum Hafen fahren. Dieser erklärt Jess entschieden, dass Tommy nicht mehr zu helfen ist und dass es keinen Weg gibt, ihn zurückzubringen. Sein unvermitteltes Auftauchen, seine dunkle Kleidung und sein offenbar umfassendes Wissen über Tommys Zustand lassen vermuten, dass es sich in ihm um eine Art Fährmann handelt, wie er in der griechischen Mythologie vorkommt. Als er Jess am Hafen absetzt, verspricht sie ihm, bald zurückzukommen und ihn zu bezahlen. Stattdessen bricht sie mit Greg und den anderen zum Segelausflug auf. Hat Jess den Fährmann und dadurch den Tod betrogen und findet deswegen keine Ruhe?
- Jess ist in einen Autounfall verwickelt und überlebt diesen anscheinend völlig unverletzt, während Tommy stirbt. Ist Jess in Wirklichkeit auch gestorben und alle Ereignisse spielen sich in einer Art Zwischenwelt ab, die der christlichen Vorstellung vom Fegefeuer entspricht? Vergleichbare Auflösungen waren in den Jahren vor Triangle äußerst populär und auch wenn der Film selbst keine eindeutige Auflösung liefert, ist diese Variante durchaus denkbar.
Alle Erklärungen schließen sich nicht gegenseitig aus und sind zumindest teilweise kombinierbar, aber es scheint nicht so, als wäre Triangle daran interessiert, eine vollkommen geschlossene Auflösung für seinen Mindfuck zu liefern. Es ist auch auffällig, dass die Zeitschleife, so wie sie im Film präsentiert wird, äußerst fragil ist. Wenn Gegenstände und Personen durch einen neuen Durchlauf der Schleife kopiert werden, ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Schiff z.B. mit Leichen der verschiedenen Sallys völlig überfüllt ist. Außerdem fällt es schwer, sich einen ersten Durchlauf der Zeitschleife vorzustellen. Alle Beteiligten werden schon immer von einer Version von Jess getötet. Was ist dann beim ersten Mal passiert, als die Gruppe das Schiff betrat? Zumindest hier hatte Jess noch keinen Anlass, ihre Freunde zu ermorden.
Fazit
Das Anschauen von Triangle macht Spaß. Die Atmosphäre auf dem Schiff ist äußerst beklemmend und wenn nach etwa der Hälfte des Films der Mindfuck das Kommando übernimmt, bekommt man als Zuschauer viel Stoff zum Nachdenken. Nicht alle Wendungen und Entwicklungen sind dabei wirklich überraschend, aber trotzdem weiß der Film gut zu unterhalten. Etwas schade ist, dass der Mindfuck dem fortgesetzten Nachdenken nicht vollkommen standhält. Eine präzise Auflösung und Erklärung ist natürlich für keinen Film verpflichtend. Aber Triangle ist eben auch nicht so verrätselt wie es zum Beispiel viele Filme von David Lynch sind. Stattdessen befindet sich Triangle im Niemandsland zwischen diesen beiden Polen und das ist nicht der beste Ort für einen Mindfuck-Film. Allerdings handelt es sich hierbei um Klagen auf hohem Niveau.
Weiterführende Links
Triangle bei www.imdb.com
Triangle bei www.rottentomatoes.com
Filme wie Triangle
12 Monkeys (USA 1995, Terry Gilliam)
Coherence (USA/Großbritannien 2013, James Ward Byrkit)
Parallel (Kanada 2018, Isaac Ezban)
Parallelwelten (Spanien 2018, Oriol Paulo)
Predestination (Australien 2014, The Spierig Brothers)
Primer (USA 2004, Shane Carruth)
Timecrimes (Spanien 2007, Nacho Vigalondo)
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Toller Artikel, hat mir beim Nachdenken geholfen 🙂 allerdings finde ich, dass deine Erklärungsansätze alle komplett zusammen gehören. Durch den (vermutlich selbst verschuldeten) Unfall ist ihr Sohn zu Tode gekommen (und sie auch) und sie muss sich nun im Fegefeuer den ewigen Qualen hingeben, bis sie dem Fährenmann die Fahrt bezahlt und eben nicht mehr auf See fährt. Ich finde, deine drei angesprochenen Punkte gehören zusammen.
Und wegen der ersten Zeitschleife.. ist es nicht möglich, dass Jess durch und durch gespalten ist in ihrem Charakter? Aber erst durch ihre vielen Versuche auf dem Boot. Eigentlich ist sie eher „böse“ sieht man ja daran, wie sie ihr Kind behandelt. Als sie beim Autounfall stirbt, hat sie ähnliche Blutspuren im Gesicht wie die böse Jess auf dem Boot, die das Paar tötet. Wo die herkommt wird ja zu keinem Zeitpunkt erklärt. Vielleicht ist die verrückte böse ja die erste Jess gewesen. Die 1000 Spiegel in dem Film zeigen ja schon wie zerissen sie sein muss. Ist ja ein gern benutztes Symbol in Filmen für gespaltene Persönlichkeiten oder die innere Zerrissenheit.
Puh, ja auf jeden Fall ein toller Film. Keine Ahnung, ob den Kommentar überhaupt jemand liest, aber ich musste mal meine Gedanken sortieren 🙂
Hallo Judith,
zumindest ich lese Deinen Kommentar und freue mich über das Lob 🙂 Ich stimme Dir zu, dass sich meine Erklärungsansätze nicht unbedingt gegenseitig ausschließen. Inzwischen ist es schon mehr als zwei Jahre her, dass ich mir Triangle zuletzt angeschaut habe. Aber ich würde wie Du die ursprüngliche Jess als eher negative Figur sehen. Ich erinnere mich nicht mehr gut genug, um zu entscheiden, ob sie wohl wirklich verrückt ist oder einfach nur eine überforderte Mutter, die ihr Kind liebt und sich trotzdem manchmal nur mit Schlägen zu helfen weiß. Wahrscheinlich ist es einfach Zeit für mich, den Film mal wieder zu schauen.